Am 4. April 1900 taten sich acht Boller Männer zusammen und gründeten den "Verein der Geflügel- und Vogelfreunde Boll".
Zum ersten Vorstand wurde der damalige Posthalter Tobias Aichele gewählt. Weitere Gründungsmitglieder waren Johannes Mühlhäuser, Friedrich Allmendinger, Christian Allmendinger, Fritz Grötzinger, Fritz Gölz, Max Aichele und Jakob Ziegler. Die meisten Mitglieder gehörten auch gleichzeitig dem Bund für Vogelschutz an, mit dem auch eng zusammengearbeitet wurde. Sinn und Zweck des Vereins war die Zucht und Haltung von Rassegeflügel sowie Pflege und Hege der einheimischen Vogelwelt. Auch die wirtschaftliche Eierproduktion, gemeinsamer Futtereinkauf, Verhinderung und Bekämpfung von Tierseuchen, Tausch und Verkauf von Bruteiern standen im Vordergrund. Nicht zuletzt brauchte man auch ab und zu "an gscheida Broda en dr Kachl", wie sich ein altes Mitglied bei einer Versammlung einmal ausdrückte, denn von der Schönheit der Tiere allein konnte man ja nicht leben.
Die erste Geflügel- und Vogelausstellung erfolgte bereits im Jahre 1901, davon zeugt eine große Urkunde, die heute noch in unserem Vereinsheim über dem Stammtisch aufgehängt ist.
Während der Kriegsjahre des 1.Weltkrieges wurde es ruhiger um unseren Verein, erst im Jahre 1925 wurde im Gasthaus zur Linde wieder eine Versammlung abgehalten, bei der 25 Mitglieder anwesend waren. Zum Vorstand wurde Schreiner Friedrich Allmendinger ernannt und ein Monatsbeitrag von 20 Pfennigen festgesetzt.
Im Jahre 1926 wurde dann bereits wieder eine Geflügelschau mit 29 Hühnern, 4 Gänsen, 1 Ente, 12 Tauben, 1 Pfau und 1 Truthahn abgehalten. Gezüchtet und ausgestellt wurden damals hauptsächlich die Hühnerrassen Minorka, Leghorn, Italiener und Rheinländer. Der Bund für Vogelschutz beteiligte sich an dieser Schau mit einer Ausstellung von Tierpräparaten, wobei die gedeihliche Zusammenarbeit früherer Jahre wieder aufgenommen und fortgesetzt wurde.
In den 20er und 30er Jahren wurden regelmäßig Kleintierausstellungen abgehalten, welche auch von den Boller Schulklassen unter Aufsicht der Lehrer besucht wurden. Zur Vereinsarbeit gehörten damals auch öffentliche Lichtbildervorträge über Geflügelzucht, die bis zu 200 Interessenten anzogen. Es wurden auch Rundgänge mit Stallbesichtigungen bei den Züchtern durchgeführt und auf evtl. Missstände hingewiesen. Bei den Versammlungen wurde so manches vom Wirt gespendete Fass Freibier getrunken und in froher Runde bis zum Morgengrauen verweilt. Es gab aber auch Sitzungen, in denen es sehr hitzig zuging und so mancher "grätig" oder gar "überzwerch" wurde.
Im strengen Winter 1928/1929 wurden vom Verein 25 Pfund Singvogelfutter und 25 Pfund Sonnenblumenkerne gekauft und an verschiedenen Stellen der Natur ausgestreut. Zusammen mit dem Bund für Vogelschutz erfolgte im Jahre 1935 die Einpflanzung des Vogelgartens, dem heutigen Vogelwäldle beim Kurhaus. Dem Verein oblag auch die weitere Pflege des Vogelgartens, so z. B. Schneiden der Pflanzen und Aufhängen von Nistkästen.
An Ostern 1935 wurde zum ersten Mal das bis heute traditionelle "Osternestlesuchen" durchgeführt. Die Veranstaltung wurde durch die "Ortsschelle" angekündigt und der Pfarrer ließ sogar die Nachmittagskirche ausfallen. Ein Festzug mit der Boller Musikkapelle, einer Droschke mit Ehrenmitgliedern, zwei Mädchen in Osterhasenkostümen und natürlich vielen Eltern mit ihren Kindern führte von Sehningen durch den ganzen Ort bis zu einer Baumwiese auf der Halde. Hier waren die Osternester versteckt. Nach Ansprachen des Bürgermeisters und des damaligen Vorstandes Gottlieb Traub sowie dem Absingen der Nationalhymne durften die Kleinen auf Osternestsuche gehen.
Da in den ersten 30er Jahren immer mehr Kaninchenzüchter dem Verein beigetreten sind, wurde bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 13.10.1935 eine Namensänderung in "KLEINTIERZÜCHTERVEREIN BOLL" Verein der Geflügel-, Kaninchen- und Vogelfreunde beschlossen. Ein Jahr später wurde die erste Vereinssatzung erstellt und in Kraft gesetzt sowie eine Eiersammlung für das Winterhilfswerk organisiert. 230 Eier wurden gesammelt und bei einer Ausschusssitzung folgender Beschluss gefasst (original Protokoll auszug): "Der Ausschuß unseres Vereins hat hierauf beschlossen, diese Eier an Neujahr älteren, bedürftigen und würdigen Personen unserer Heimatgemeinde Boll zukommen zu lassen und ist der Meinung, daß dies sicher dem Sinn der durch unseren Führer ins Leben gerufenen Winterhilfe entspricht." Die Eier wurden an 22 Personen verteilt.
1937 bekam unser Verein von der Reichsfachgruppe für Geflügelzucht die Auflage der Betreuung aller Geflügelzüchter im Ort, ob Mitglied oder nicht. Zu den Aufgaben gehörten Stallbesichtigungen und Desinfektionen, Futterzuteilungen sowie die Aufklärung der Geflügelhalter über Zucht, Haltung und Krankheitsbekämpfung bzw. . -verhütung. Boll wurde in fünf Bezirke eingeteilt, jeder Bezirk wurde von 2-3 Mitgliedern betreut.
Über die Kriegsjahre fanden keine Ausstellungen oder Veranstaltungen statt, jedoch ein reger Versammlungsbetrieb. Alle Versammlungen wurden damals mit einem dreifachen "Zucht Heil" beendet. Es wurde eine Sammelstelle für Kaninchenfelle eingerichtet, denn alle Felle mussten abgeliefert werden. Ebenso wurde der Verein verpflichtet, mindestens eine Wirtschaftsrasse, bei den Kaninchen z. B. Angora, zu züchten und die Wolle ebenfalls abzuliefern. Die Angorawolle kam hauptsächlich in Form von Unterwäsche den Piloten der Luftwaffe zugute. In der Molkerei wurde eine Abgabestelle für Eier eröffnet. Je Henne mußten im Jahr 60 Eier abgeliefert werden. Als Abgabenachweis diente die sogenannte Eierkarte. Vom Verein wurden etliche Pakete an unsere Züchter, die im Krieg waren, verschickt.
Nach dem 2. Weltkrieg zählte unser Verein noch 62 Mitglieder. Drei Mitglieder waren gefallen. Die erste Kleintierausstellung nach 10 Jahren erfolgte im Jahre 1948 im Löwensaal. Das Zeitalter der Technik begann für den Verein 1950. Ein Brutapparat für 250 Eier wurde angeschafft und damit die gute alte Bruthennenzeit verdrängt. Die 50er Jahre waren auch die Zeit der Gartenfeste und Jungtierschauen, oft waren diese Veranstaltungen das Einzige, was das Jahr über in Boll geboten wurde. 1952 hat der damalige Vorstand Gottlieb Traub nach 15 Jahren seine Vorstand schaft abgegeben.
Am 15. April 1967 wurde eine Satzungsänderung durchgeführt, damit eine Eintragung im Vereinsregister erfolgen konnte. Am 5. März 1968 wurde die Eintragung beim Amtsgericht Göppingen unter der
Registernummer "VR 352" vorgenommen.
Der Vereinsname lautete nun KLEINTIERZÜCHTERVEREIN BOLL E.V.